In Zeiten wie diesen ist es wichtig, ab und an innezuhalten und ein paar grundlegende Überlegungen anzustellen. Es soll hier nicht um die vielen politischen und wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre gehen, sondern um eine Entwicklung, die mit dem Bitcoin vor rund 13 Jahren begonnen hat und sich in den vielfältigen Verzweigungen eines Krypto Universums weiterentwickelt hat. Es ist wohl common sense, dass der Weg der Internetökonomie mit Digitalisierung, verstärktem KI-Einsatz und dramatisch verbesserten Rechnerleistungen und Kommunikationstechnologien zur Blockchain-Technologie geführt hat, die dank Nakamoto ihren Weg in die Finanzwirtschaft gefunden hat.
Viele herkömmliche Ökonomen vergleichen Krypto et al sehr häufig mit althergebrachten Vermögenswerten, ohne die dahinterstehende Netzwerkstruktur richtig einzuordnen. Es wird häufig erwähnt, dass hinter dem Bitcoin und anderen Krypto Wert keine wirklichen Werte stünden (zumeist wird auch nicht zwischen Bitcoin und Altcoins unterschieden), sondern sich eigentlich gar nichts verbirgt. Diese negative Einstellung findet ihre Zuspitzung in der Beurteilung, dass dieses Universum nur ein Ponzi Scheme wäre – also ein Schneeballsystem. Es stellt sich da die Frage, wie man eine technologische Neuerung so missverstehen kann und die menschlichen Schwächen, ein solches System auszunutzen, mit dem System selber verwechseln kann. Ich möchte an dieser Stelle mit ChatGPT klar und einfach antworten:
„Kryptowährungen sind kein Schneeballsystem, da sie auf dezentralen Netzwerken basieren, die von vielen Nutzern weltweit betrieben werden. Die Transaktionen werden in einer öffentlichen Blockchain aufgezeichnet und können von jedermann eingesehen werden. Kryptowährungen sind aufgrund ihrer dezentralen Natur weniger anfällig für Betrug als zentralisierte Systeme.
Allerdings gibt es in der Kryptowährungsindustrie auch Betrugsfälle, bei denen Unternehmen oder Einzelpersonen falsche Kryptowährungen ausgeben oder Investoren betrügen. Es ist wichtig, sorgfältig zu recherchieren und Risiken zu verstehen, bevor man in Kryptowährungen investiert.“

Genauso wenig wie vor 100 Jahren viele Menschen die technologischen Sprünge auf der Basis der Physik richtig einschätzen konnten, tun sich heute viele Menschen schwer damit, die Segnungen der Internetökonomie und der Digitalisierung richtig zu würdigen. Es braucht keinen Acker oder keine Produktionsmaschine mehr, um einen Vermögenswert zu begründen. Ein Vermögenswert in einer digitalen Umgebung besteht aus Bits und Bytes und anderen elektronischen Zutaten – und genau hier setzen kryptische Werte an. Im Übrigen bestehen die physischen Produkte überwiegend aus elektronischen Bestandteilen, die das o.g. Missverständnis (hinter Krypto steckt kein wirklicher Wert) noch unsinniger erscheinen lassen. Die meisten Produktionsanlagen und die dazu nötigen Suppy Chains werden heute als Netzwerk modelliert, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass elektronische Bestandteile wertlos sein könnten.
Im letzten Jahr gab es erhebliche Verwerfungen an den Krypto Märkten, die auf Betrug und Missverhalten zurückzuführen sind (das Luna-Desaster vom Mai 2022, die Celsiuskrise vom Juni 2022 und das FTT-Debakel vom Dezember 2022 – um nur die Wichtigsten zu nennen). Diese Tendenzen werden in den Medien dann so hochgespielt, dass die Menschen mit dem Begriff Krypto oder Bitcoin solche Fehlentwicklungen gleichsetzen. Dramatisch ist dieses Fehlverhalten von einzelnen Akteuren auf alle Fälle und es wirft auch ein schlechtes Licht auf das Regulierungsumfeld, das dringend verbessert werden muss.
Die psychologischen Gründe für diese Fehleinschätzungen, die auf vielen Seiten Verzerrungspotential offenbaren, können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Vereinfachungsregeln, die in der Behavioral Finance dargelegt werden, können diese Neigungen erklären.
Diese Gründe sind genauso bemerkenswert wie die Neigungen der Anleger, das Potential und die Risiken digitaler Assets verzerrt einzuschätzen (siehe die Studie von BTC-Echo und KPMG vom Dezember 2022 „Digital Assets in Deutschland 2022“). In dieser Studie wird ausgeführt, dass zumeist gut gebildete mittelalte Anleger einen signifikanten Anteil ihres Portfolios in Krypto anlegen – so haben 48 % der Anleger mehr als 20 % ihres Portfolios in Digital Assets angelegt. Diese risikofreundliche Anlageneigung wird allerdings dadurch verzerrt, dass – laut Studie – 66 % der Anleger ein Investment in Digital Assets als eher sicher einstufen!
Fundamental lässt sich zurecht der mangelnde Inflationsschutz des Bitcoins ins Feld führen – dafür muss noch weiter geforscht werden, um die Zusammenhänge klarer aufzuzeigen. Genauso ist die hohe Korrelation der Krypto Werte mit den Wachstums-Aktienwerten bemerkenswert und wirft ein anderes Licht auf die fundamentale Bedeutung für die Portfoliobereicherung durch Krypto Werte. Es gibt folglich viel zu forschen in diesem Umfeld und es können interessante Zusammenhänge offenbart werden.
Es ist müßig, die Untergangsszenarien für die Krypto Werte zu kommentieren – weil in der gegebenen wirtschaftlichen und technologischen Umgebung diese Werte existieren müssen. Es können einzelne Coins, Krypto Börsen und auch Spieler verloren gehen, es kann zu weiteren Verwerfungen an den Märkten kommen – das Krypto Universum ist nicht mehr wegzudenken. Wenn Analysten, Anleger und Politiker sich der psychologischen Stolpersteine bewusst sind, werden Krypto-Vermögenswerte– wie auch Aktien oder Anleihen, Futures oder Optionen – das Portfolio der Anleger bereichern und wirtschaftliche Werte für alle schaffen.