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Finanzkrise 2.0 ?

Die letzten Ereignisse im weltweiten Bankensektor beunruhigen die Finanzwelt und werfen weitgehende Fragen auf. Dieses Mal ist für die Krise nicht der Immobiliensektor ausschlaggebend, sondern die Zinsentwicklung und bankenspezifische Gründe wie bei der Credit Suisse.
Die kalifornische Bank Silicon Valley Bank ist zugrunde gegangen, weil sie Vermögenswerte veräußern musste, um liquide zu bleiben: diese Vermögenswerte (im Wesentlichen Anleihen) haben wegen der steigenden Zinsen stark an Wert verloren; Kunden wollten wegen der Krisenentwicklung ihre Einlagen herausnehmen und nötigten die Bank, die Vermögenswerte zu veräußern. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, warum ein vorübergehender Liquidationsengpass nicht über eine Notenbank-Geldspritze (gesichert durch diese Wertpapiere) bewerkstelligt werden konnte. Offenbar hat der Anlegerdruck (intensiviert durch die Kommunikation über Social Media) eine solche Lösung erschwert. Hier wird einiges aufzuarbeiten sein, denn heute können Gerüchte die Banken schneller in Gefahr bringen als früher.
Andere amerikanische Banken wie die Signature Bank und die First Republic hatten ebenfalls mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Signature hatte viele Kunden aus dem Kryptobereich. Signatures Kunden waren überwiegend Unternehmen mit Einlagen, die deutlich über 250.000 Dollar lagen, die nicht mehr durch die Einlagensicherung gedeckt sind. Auch bei der gescheiterten Silicon Valley Bank (SVB) war der Anteil von unversicherten Einlagen mit gut 93 Prozent überdurchschnittlich hoch (Quelle Handelsblatt vom 20.3.23). Am 12. März 2023 wurde sie von der Federal Deposit Insurance Corporation übernommen und geschlossen. Die große Regionalbank First Republic (unversicherte Einlagen in Höhe von 30 Mrd. Dollar!) verlor massiv das Anlegervertrauen und wurde von einigen US-Großbanken danach durch Geldspritzen unterstützt, die Rettungsaussichten sind ungewiss. Andere US-Regionalbanken haben ebenfalls große Anteile von nicht versicherten Einlagen und sind durch den Abzug dieser Einlagen in Liquiditätsnöte geraten.
Die Schweizer Credit Suisse dagegen ist seit Jahren in den Schlagzeilen und erlitt in letzter Zeit horrende Mittelabflüsse. Die Bank war involviert in den Greensill-Skandal, den Archegos-Skandal, sie hatte Sicherheitsprobleme und war in verschiedene Geldwäscheskandale verwickelt. Die Sanierung der Bank ist offenbar nicht gelungen. An dieser Stelle stellen sich einige Fragen bezüglich der Rolle der Aufsicht.
Das grundsätzliche Problem der Bankenregulierung ist recht einfach zu beschreiben, obgleich die Regelungen von Basel 3 und 4 sehr komplex erscheinen: die Eigenkapitalquoten der Banken sind zu gering (mit 10 bis 15 % im Schnitt der letzten Jahre). Wie der Bankenexperte Prof. Hellwig in der SZ vom 20. März 23 betont, sollte die Eigenkapitalquote über 20 bis sogar 30 % liegen.
Die Banken haben sich erfolgreich gegen weitere Eigenkapitalanforderungen gewehrt. Die Eigenkapitalanforderungen an die Banken sind das A und O der Regulierung, denn nur so können die Risiken bei den Banken bezogen auf die Hebelwirkungen ihrer Finanzierungsstrategien eingeschränkt werden.
Die nach der Finanzkrise eingeführten Nachranganleihen (ATP-1) sollten die Finanzierungspielräume der Banken erweitern. Die Kritik daran, dass diese Anleihen nach der Fast-Pleite der Credit Suisse jetzt wertlos sind, muss relativiert werden, denn die Bank war schon seit Jahren in einer Schieflage.
Grundsätzlich hätten die Banken davon ausgehen können, dass die Zinswende infolge der Inflation nach der Pandemie und der Kriegsentwicklung im letzten Jahr zu bestimmten Verwerfungen in den Finanzmärkten führen würde. Wenn jedoch Bankmanager das Risikomanagement nicht ernst genug nehmen und zudem das ureigenste Geschäft der Bank (die Risiko- und Fristentransformation) nicht ausgefeilt beherrschen, dann sind Krisen wie die der amerikanischen Regionalbanken unausweichlich.
Managerversagen, zu hohe Eigenmittelausschüttungen über Aktienrückkäufe und Dividenden und eine unzureichende Risikovorsorge haben zu der aktuellen Finanzkrise beigetragen. Offenbar ist die Lernkurve seit der Finanzkrise von 2007/2008 ziemlich flach verlaufen.

Wie mit Komplexität umgehen….mit Chat-Bots die Zukunft gestalten

Die Welt wird immer komplexer – diese Erkenntnis ist banal. Was nicht banal ist, wie man mit dieser Komplexität umgeht. Menschen beschäftigen sich nicht mit Finanzfragen, weil diese zu kompliziert und wenig unterhaltsam sind – sie überlassen es vermeintlichen Spezialisten, diese Fragen für sie zu beantworten, was wiederum zu den Ergebnissen der ungleich verteilten Chancen im Finanzsektor führt.
Immerhin haben die Privatanleger verstanden, dass es Sinn macht, ETF’s zu kaufen, um Geld anzulegen: sie haben eine Vorstellung von Diversifizierung und Qualität, wobei gerade im Nachhaltigkeitssegment diese Qualität zweifelhaft ist. Die Menschen wissen auch, dass ihnen die 1 bis 2 % Zinsen (wenn überhaupt) auf Ihr Tagesgeldkonto noch nicht einmal die Inflation zu einem Drittel abdecken und sie Geld verlieren. Wenn die Menschen sich noch etwas intensiver mit Finanzfragen beschäftigen, wissen sie auch, dass sie bestimmten Verzerrungen unterliegen und vielleicht haben sie schon eine Vorahnung, dass ihr Umgang mit Geld nicht unbedingt rational ist. Ein Anteil der Budgets der Finanz Mittler am BIP der USA in Höhe von 9 % (ähnlich in Europa) kann kein Ausweis eines gut und rational funktionierenden Kapitalmarktes sein – für diese Erkenntnis muss man schon etwas tiefer eintauchen.
Ansonsten sind Finanzfragen in großem Maße quantitative Fragen, die sich um Risikoeinschätzungen und Renditen drehen. Hierzu hat die Finanzmarkttheorie einige greifbare Aussagen getroffen, die in der Kapitalmarkttheorie fußen und mit der Ergänzung der Verhaltensökonomie durchaus verwertbare Erkenntnisse liefern. Eine Tendenz dieser Einschätzung könnte also sein, dass Maschinen die Menschen bei ihren Finanzfragen unterstützen.
Menschen können einen Teil der Komplexität von Sachfragen an eine KI (einen Chat-Bot) zur Einordnung und Beantwortung auslagern – z.B. mit ChatGPT. Ich möchte an dieser Stelle keine Einschätzung der Qualität dieser Bots abgeben, weil sich diese Dienste sehr schnell weiterentwickeln und sie qualitativ wachsen. Es ist aber absehbar, dass das jeden Tag umfangreich wachsende Wissen nur über solche Bots kanalisiert werden kann und dass sie benutzerfreundlicher werden. Zur Einordnung: die Menge der täglich generierten Daten weltweit ist seit dem Jahr 2000 um über das 3000-fache gestiegen, laut einer Schätzung von IBM aus dem Jahr 2017 werden weltweit jeden Tag etwa 2,5 Trillionen Bytes an Daten generiert. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 wurden schätzungsweise etwa 800 Milliarden Bytes an Daten jeden Tag generiert (diese Daten stammen übrigens von ChatGPT).
Die Anleger müssen dann nicht mehr einen Experten für eine Anlageentscheidung fragen, sondern fragen den ständig weiterlernenden Bot. Natürlich wird das die Berufsfelder im Finanzsegment berühren – die Autonomie der Anleger wird wachsen. Da Krypto auch sehr komplex ist, wird auch hier der Bot weiterhelfen und es ermöglichen, dass das Portfolio der Anleger mit Krypto besser abschneiden kann.
Für die Unternehmensfinanzierung ergeben diese Bots und andere Programme Möglichkeiten einer dezentralen Finanzierung (wir werden das mit zukünftigen Beiträgen noch umfangreicher beleuchten). Die Herausgabe von sog. Token (programmierbare Vermögenstitel) wird hierbei von besonderer Bedeutung sein. Diese Betrachtung ist Gegenstand eines Whitepapers, an dem MeisCon zurzeit arbeitet und das im Frühling bis Sommer dieses Jahres in verschiedenen Versionen veröffentlicht wird (wenn der Chat mir nicht zuvorkommt – Smiley).

Zwei Meldungen: Galeria Kaufhof und das Start Up Sono Motors

Wer die beiden folgenden Meldungen in den Links zu einem Darlehen der Bundesregierung an die immer wieder insolvent gehende Galeria Kaufhof mit dem fehlenden Cash des Start Ups Sono Motors vergleicht, dem wird schnell klar, dass in Deutschland fast insolventen Kaufhäusern das Geld hinterhergeworfen wird, während innovative Start Ups kaum auf solche Hilfe rechnen können, gerade wenn der Kapitalmarkt hier auch nicht wirklich hilft…Die Hunderte von Millionen der nachrangigen Darlehen sind so gut wie weg – und in der Öffentlichkeit gibt es keinen Aufschrei dazu!

Es wird Zeit, wieder einmal eine Diskussion über die Ausrichtung von Staatshilfen nachzudenken!

Ach ja, wer die Kampagne von Sono Motors unterstützen möchte: Hier

Zeitpräferenz und Klimakatastrophe

Man hört dieser Tage sehr oft, dass der Ort Lützerath nicht der richtige Ort für eine Auseinandersetzung ist – es gäbe doch den Klimakompromiss der Regierung, der den Ausstieg aus der Braunkohle für das Jahr 2030 vorsieht und andere Dörfer vor der Abbaggerung schützt.
Da die Zeitpräferenz eine der maßgeblichen Einflussfaktoren auf das wirtschaftliche Kalkül ist (die finanzmathematische Barwertmethode), können die Ökonomen hier tatsächlich etwas Aufklärungsarbeit leisten. Vielleicht braucht man gar nicht in diese Ebene zu gehen: die eine oder andere Volksweisheit bringt es mit Sprüchen wie „Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ oder ähnliches auch auf den Punkt.
Politik besteht zumeist aus Planungen und Ankündigungen, die jedoch noch keine Taten sind. Wenn nun kritische Menschen „Lieber den Spatz“ hätten, weil sie den Ankündigungen und sich daraus ergebenden Folgerungen nicht ganz vertrauen, so ist das durchaus rational. Die drohende Klimakatastrophe wird ohnehin zu Verwerfungen auf den Vermögensmärkten und im menschlichen Leben führen. Hier wäre folglich ein Schritt in die richtige Richtung (kein Abbaggern in Lützerath) ein Aufbruchssignal und das sollte man nicht unterschätzen.
Die Zeitpräferenz der Menschen (von Keynes schön auf den Punkt gebracht: auf die lange Frist sind wir alle tot) hat uns einerseits in diese verheerende Lage der Klimakatastrophe gebracht, weil die wirtschaftlichen Aktionen oft auf den kurz- und mittelfristigen Gewinn ausgerichtet waren und damit nicht nachhaltig waren, andererseits wächst die Erkenntnis, dass die Vorbereitungsmaßnahmen für die Abbremsung der Klimaerwärmung eben nicht „auf die lange Bank“ geschoben werden dürfen. Die Aktivisten in Lützerath verhalten sich folglich rational, wenn sie fordern, dass sofort und nicht erst in einigen Jahren was geschehen muss.
Das Wiedergeben des Argumentes, es wird ja in wenigen Jahren alles getan sein und noch kommen, ist die Umdrehung der klimapolitisch notwendigen Zeitpräferenz – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn die Menschheit dieser großen Katastrophe entkommen will, muss sie die Zeitpräferenz für die Aktionen beachten und auf der anderen Seite die nachhaltigen Auswirkungen in den Kalkulationen entsprechend würdigen.

Krypto Missverständnisse

In Zeiten wie diesen ist es wichtig, ab und an innezuhalten und ein paar grundlegende Überlegungen anzustellen. Es soll hier nicht um die vielen politischen und wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre gehen, sondern um eine Entwicklung, die mit dem Bitcoin vor rund 13 Jahren begonnen hat und sich in den vielfältigen Verzweigungen eines Krypto Universums weiterentwickelt hat. Es ist wohl common sense, dass der Weg der Internetökonomie mit Digitalisierung, verstärktem KI-Einsatz und dramatisch verbesserten Rechnerleistungen und Kommunikationstechnologien zur Blockchain-Technologie geführt hat, die dank Nakamoto ihren Weg in die Finanzwirtschaft gefunden hat.
Viele herkömmliche Ökonomen vergleichen Krypto et al sehr häufig mit althergebrachten Vermögenswerten, ohne die dahinterstehende Netzwerkstruktur richtig einzuordnen. Es wird häufig erwähnt, dass hinter dem Bitcoin und anderen Krypto Wert keine wirklichen Werte stünden (zumeist wird auch nicht zwischen Bitcoin und Altcoins unterschieden), sondern sich eigentlich gar nichts verbirgt. Diese negative Einstellung findet ihre Zuspitzung in der Beurteilung, dass dieses Universum nur ein Ponzi Scheme wäre – also ein Schneeballsystem. Es stellt sich da die Frage, wie man eine technologische Neuerung so missverstehen kann und die menschlichen Schwächen, ein solches System auszunutzen, mit dem System selber verwechseln kann. Ich möchte an dieser Stelle mit ChatGPT klar und einfach antworten:
„Kryptowährungen sind kein Schneeballsystem, da sie auf dezentralen Netzwerken basieren, die von vielen Nutzern weltweit betrieben werden. Die Transaktionen werden in einer öffentlichen Blockchain aufgezeichnet und können von jedermann eingesehen werden. Kryptowährungen sind aufgrund ihrer dezentralen Natur weniger anfällig für Betrug als zentralisierte Systeme.
Allerdings gibt es in der Kryptowährungsindustrie auch Betrugsfälle, bei denen Unternehmen oder Einzelpersonen falsche Kryptowährungen ausgeben oder Investoren betrügen. Es ist wichtig, sorgfältig zu recherchieren und Risiken zu verstehen, bevor man in Kryptowährungen investiert.“

Genauso wenig wie vor 100 Jahren viele Menschen die technologischen Sprünge auf der Basis der Physik richtig einschätzen konnten, tun sich heute viele Menschen schwer damit, die Segnungen der Internetökonomie und der Digitalisierung richtig zu würdigen. Es braucht keinen Acker oder keine Produktionsmaschine mehr, um einen Vermögenswert zu begründen. Ein Vermögenswert in einer digitalen Umgebung besteht aus Bits und Bytes und anderen elektronischen Zutaten – und genau hier setzen kryptische Werte an. Im Übrigen bestehen die physischen Produkte überwiegend aus elektronischen Bestandteilen, die das o.g. Missverständnis (hinter Krypto steckt kein wirklicher Wert) noch unsinniger erscheinen lassen. Die meisten Produktionsanlagen und die dazu nötigen Suppy Chains werden heute als Netzwerk modelliert, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass elektronische Bestandteile wertlos sein könnten.
Im letzten Jahr gab es erhebliche Verwerfungen an den Krypto Märkten, die auf Betrug und Missverhalten zurückzuführen sind (das Luna-Desaster vom Mai 2022, die Celsiuskrise vom Juni 2022 und das FTT-Debakel vom Dezember 2022 – um nur die Wichtigsten zu nennen). Diese Tendenzen werden in den Medien dann so hochgespielt, dass die Menschen mit dem Begriff Krypto oder Bitcoin solche Fehlentwicklungen gleichsetzen. Dramatisch ist dieses Fehlverhalten von einzelnen Akteuren auf alle Fälle und es wirft auch ein schlechtes Licht auf das Regulierungsumfeld, das dringend verbessert werden muss.
Die psychologischen Gründe für diese Fehleinschätzungen, die auf vielen Seiten Verzerrungspotential offenbaren, können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Vereinfachungsregeln, die in der Behavioral Finance dargelegt werden, können diese Neigungen erklären.
Diese Gründe sind genauso bemerkenswert wie die Neigungen der Anleger, das Potential und die Risiken digitaler Assets verzerrt einzuschätzen (siehe die Studie von BTC-Echo und KPMG vom Dezember 2022 „Digital Assets in Deutschland 2022“). In dieser Studie wird ausgeführt, dass zumeist gut gebildete mittelalte Anleger einen signifikanten Anteil ihres Portfolios in Krypto anlegen – so haben 48 % der Anleger mehr als 20 % ihres Portfolios in Digital Assets angelegt. Diese risikofreundliche Anlageneigung wird allerdings dadurch verzerrt, dass – laut Studie – 66 % der Anleger ein Investment in Digital Assets als eher sicher einstufen!
Fundamental lässt sich zurecht der mangelnde Inflationsschutz des Bitcoins ins Feld führen – dafür muss noch weiter geforscht werden, um die Zusammenhänge klarer aufzuzeigen. Genauso ist die hohe Korrelation der Krypto Werte mit den Wachstums-Aktienwerten bemerkenswert und wirft ein anderes Licht auf die fundamentale Bedeutung für die Portfoliobereicherung durch Krypto Werte. Es gibt folglich viel zu forschen in diesem Umfeld und es können interessante Zusammenhänge offenbart werden.
Es ist müßig, die Untergangsszenarien für die Krypto Werte zu kommentieren – weil in der gegebenen wirtschaftlichen und technologischen Umgebung diese Werte existieren müssen. Es können einzelne Coins, Krypto Börsen und auch Spieler verloren gehen, es kann zu weiteren Verwerfungen an den Märkten kommen – das Krypto Universum ist nicht mehr wegzudenken. Wenn Analysten, Anleger und Politiker sich der psychologischen Stolpersteine bewusst sind, werden Krypto-Vermögenswerte– wie auch Aktien oder Anleihen, Futures oder Optionen – das Portfolio der Anleger bereichern und wirtschaftliche Werte für alle schaffen.

MeisCon und Krypto

Ab Januar 2023 wird sich die Firma MeisCon noch stärker auf Kryptofinanzierungen konzentrieren; ein im geschützten Bereich hinterlegtes Whitepaper (in einer Kurzform) wird die Möglicheiten für eine Projekt- und Unternehmensfinanzierung über Krypto darstellen – in den ersten Pilotprojekten werden dann noch zusätzliche Erkenntnisse gewonnen, wie eine Finanzierung von Projekten und Unternehmen auf Tokenebene ermöglicht werden kann. Wir arbeiten hier auch mit Finanzierungsplattformen und anderen Partnern zusammen. Kontakt gerne über MeisCon

Krypto-Narrativ und menschliche Schwächen

Finanzen sind ein schwerfälliges und wenig unterhaltsames Thema.

Insbesondere in Deutschland spricht man ungerne über Geld. Ein fast ans hysterische grenzende Berichterstattung über Wirtschaftskrisen, Inflation und damit zusammenhängende Themen dreht sich naturgemäß ums Geld: der reichste Mann der Welt ist in allen Medien dauerhaft präsent (er hat mit Twitter sogar sein eigenes Medium jetzt), der Staatshaushalt ist wegen der vielen Krisen stark unter Druck, die Inflation beunruhigt die Menschen und es ist zu wenig Geld da für notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, es muss viel ausgegeben neuerdings für das Militär wegen der russischen Bedrohung und für die Maßnahmen gegen die Klimakatrastrophe u.v.m.
Die negativen Narrative der Krisen und des Geldes beziehen sich auch auf die Ungleichheit des Geldvermögens und des sonstigen Vermögens. Die Ambivalenz der Menschen erstreckt sich auf verschiedenste Verzerrungspotentiale und auf die Verlustaversion, die die Grundmodelle der Finanzmarkttheorie erschüttern. Man kann es so fokussieren: Menschen leiden unter Geld und nicht nur unter Geldmangel – es gibt ein sehr unnatürliches Verhältnis zum Geld. Die Finanztheorien um die Themen Effiziente Märkte, die Portfoliogestaltung, die Risikoabschätzung mit verschiedenen Modellen haben alle einen wahren, kalkulierbaren Kern und dennoch versagt die Abbildung des Menschen in ihnen; alles ist mehr Psychologie als Kalkulation.

In der Finanzmarkttheorie spielen die Modelle mit vollständiger Information und perfekten Märkten eine herausragende Rolle und wenn der Nobelpreisträger Richard Thaler ausführt, dass ein so hoher Anteil der Budgets der Finanzmittler am BIP der USA in Höhe von 9 % nicht wirklich mit der Markteffizienzhypothese von Fama und der Annahme rationaler Investoren übereinstimmen kann (siehe https://www.youtube.com/watch?v=A1M9VSgsSW4&t=21s), dann trifft dies den Kern des Problems.

In der Makroökonomie ist es schwer, die Vielfalt von Fiskalpolitik, Kreditschöpfungen der Notenbanken und der Banken und andere Geldquellen den Menschen nahe zu bringen und weil dem so ist, herrschen verschiedenste Narrative vor. Sparsamkeitsnarrative, Verteilungsnarrative, Ankerbildungen (die Menschen orientieren sich in der unüberschaubaren Welt an bestimmten Fixpunkten oder Experten) und die vermeintliche Repräsentativitätsheuristik (die Anleger gewichten Wahrscheinlichkeiten über zukünftige Ereignisse falsch und dies führt zu Verzerrungen) zeigen kaum rationale Menschen, die stark von Gefühlen und Vereinfachungsregeln geprägt in einer sehr komplexen Welt hindurch navigieren.
Der Autobauer Henry Ford hat einmal gesagt: „Wenn die Leute das gegenwärtige Bank- und Geldsystem verstünden, würde es vermutlich eine Revolution noch vor morgen früh geben.“ Das bringt es gut auf den Punkt. Viele Leute fragen z.B. danach, wie der neue britischen Premier Sunak als ehemaliger Investmentbanker so reich werden konnte (die anderen reichen Investmentbanker werden nicht so offen hinterfragt, weil sie nicht so bekannt sind). Investmentbanker verdienen ihr Geld damit, Unternehmen an die Börse zu bringen und Wertpapiere zu emittieren, Firmenfusionen zu steuern und sonstige umfangreich aufgelegte Finanztransaktionen zu begleiten.

Die herrschende Finanztheorie gibt einen guten mathematischen Rahmen für die Wirkungsweise von Finanzmärkten ab, aber sie trifft auf eine Realität, bei der ihre Ausstrahlung stark eingeschränkt ist. Investmentbanker verdienen deswegen so viel, weil sie in Netzwerken unterwegs sind, die ihnen entsprechende Aufträge ermöglichen und sie Datenbanken und Datenanalysten nutzen können, die eine qualitativ hochwertige Arbeit ermöglichen (natürlich sollen ihre notwendigen Skills und Fähigkeiten nicht unterschlagen werden).

Perspektivenwechsel: Wenn Netzwerke neu organisiert und gestaltet werden und die Finanzprozesse automatisiert werden, haben wir das System der Distributed Ledger – eine Blockchain-Anwendung. Es ist sehr einfach: Geld wird in Token ausgegeben und alle Dienstleistungen und reale Produktionsprozesse können in Token abgerechnet werden…keine Mittler mehr, nur noch Wertetransfer über Smart Contracts. Sog. “Dezentrale Organisationen (DAO’s) erlauben den Token-Inhabern, sich vollständig in das Projekt einzubringen.
Banken und andere Finanzdienstleister verdienen nicht mehr so viel an den Prozessen und Netzwerken, Banken würden nur noch eingeschränkt Geld und Kredit schöpfen und das Zentralbankgeld kann als Stablecoin auf einem Notenbankkonto gehalten werden. Es ist eine technische Welt, die in allen Regionen Einzug halten kann, insbesondere dort, wo es kaum Banken gibt und die Menschen kein Konto haben können.
Ein weiterer Aspekt, der für die Token Ökonomie spricht, ist der, dass viele Produkte bereits heute und in Zukunft noch mehr Software-, Netzwerk- und sonstige Informationsprodukte sind, die den Lernprozessen der künstlichen Intelligenz und den stark skalierbaren Datenwolken zugänglich sind. Sie sind Bestandteil der Internetökonomie. Informationsprodukte kosten viel in der Herstellung (mit sehr hohem Fixkostenanteil und sehr niedrigen Grenzkosten, die zuweilen auch O ausmachen). Die anderen Produkte können größtenteils über das Netz gehandelt werden. Das führt dazu, dass sich der Nexus des wirtschaftlichen Geschehens im Internet manifestiert – und damit in unmittelbarer Reichweite unsere Token-Ökonomie. Diese Entwicklung ist derart ausgeprägt, dass ein gesunder Boden für die Krypto-Anwendungen gegeben ist. Hinzu kommt das dezentrale, auf Maschineneinsatz basierende Web 3.0, das das Ende der Plattformökonomie einleitet (die ja bekanntlich das Herzstück von Web 2.0 ist).
Die Argumente gegen die Krypto-Ökonomie sind bekannt: das wäre ein Einfallstor für Kriminelle und Geldwäscher – zudem wäre es zu kompliziert. Dagegen steht die Forderung nach einer gut austarierten Regulierung, die die Technologie nicht so stark behindert. Diese Regulierung sollte nicht auf Staaten konzentriert sein und global kompatibel, weil Token überall gehandelt werden können. Gerade die jüngsten Turbulenzen um die Kryptobörse FTX zeigen, dass hier eine Menge Arbeit auf die Regulierer und die seriösen Kryptoapologeten wartet.

Wirtschaftliche Narrative in Krisen

Die vielen Krisen, die die Weltwirtschaft, Europa und Deutschland heimsuchen, werden in den Medien ausführlich beschrieben und sorgen bei den Menschen für eine Furcht vor der Zukunft. Die Energieversorgung ist nur noch durch „Energie sparen“ sicherzustellen, eine weltweite Rezession steht vor der Tür und ein Krieg in Europa tut sein Übriges dazu. Dies befeuert ein Narrativ, das bereits in den 30-er Jahren ähnlich funktionierte – während der großen Weltwirtschaftskrise. Robert Shiller beschreibt dies sehr ausführlich ein seinem Buch „Narrative Wirtschaft“ (2019) vor allem in seinem Kapitel 11: „Sparsamkeit contra Zurschaustellung von Konsum“.
Es ist ein interessanter Vergleich zu heute möglich, weil die Menschen heute wieder vor dem Hintergrund der Rezession und der Energiekrise ihr Geld zusammenhalten und mehr sparen (in Deutschland ist die Sparquote wieder auf Vor-Corona-Niveau, aber die Menschen beabsichtigen mehr zu sparen – so einige renommierte Wirtschaftsforscher). Das Konsum-Barometer des HDE, das als verlässlicher Gradmesser für die Kauflaune gilt, weist den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen vor 30 Jahren auf. Laut dem Hamburger Gewos-Institut sinkt dieses Jahr erstmals seit der Finanzkrise 2009 der Immobilienumsatz.
Die Situation ist sehr vertrackt, weil die Menschen mehr für Energie und sonstigen Konsum ausgeben und ansonsten mehr sparen, wenn sie überhaupt sparen können. Wirtschaftsforscher wie Marcel Fratzscher vom DIW sagen, dass rund 40 % der Menschen in Deutschland keine nennenswerten Ersparnisse haben. Deren Ausgaben für höhere Energiepreise fehlen dem Rest der Wirtschaft.
Shiller (2019) stellt den Zustand in den 30-er Jahren aus einer anderen Perspektive wie folgt dar: „Das Narrativ hat eine moralische Dimension.“ Die Spartendenzen führten damals zu einer gesellschaftlichen Bewegung, die Sparen als angemessen und notwendig erachtete, weil die wirtschaftlichen Bedingungen dies erforderten. Heute ist es ähnlich, wenn auch nicht identisch. Die Staaten sind ausgabefreudiger als die Staaten in den 30-er Jahren und können vielleicht einiges aufwiegen.
Ein weiterer Aspekt kommt erschwerend hinzu: die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und die Inflation ermöglichen den Menschen kein inhärentes Verhalten mehr. Getrieben von der Verlustaversion (beschrieben von Daniel Kahnemann) investieren sie weniger und unterliegen darüber hinaus verschiedensten Verzerrungen, wobei der berühmte „Herdentrieb“ und die „Fehleinschätzung von Wahrscheinlichkeiten“ m.E. die bedeutsamsten sind. Folglich überbewerten sie die negativen Entwicklungen, geben weniger aus und sehen dann auf der anderen Seite, dass ihr gespartes Geld durch die massive Inflation an Wert verliert (über alle Assetklassen hinweg besteht die Gefahr negativer Realzinsen). Menschliche Akteure neigen in solchen Zuständen zu „kognitiver Dissonanz“, haben also ein starkes Unwohlsein aufgrund unvereinbarer Wahrnehmungen.
All dies führt zu einer „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“: ein Nachfragerückgang führt zu sich verstärkenden negativen kumulativen Prozessen und mündet schließlich in einer Rezession. Die große Frage, was zu tun ist, ist schwer zu beantworten. Zumindest könnte man versuchen, den Menschen mehr „Zuversicht“ bezüglich der Zukunft einzuflößen und ihnen neuere technischen Entwicklungen wie die Blockchain, neue medizinische Entwicklungen, neuartige Energiekonzepte zu vermitteln. Zudem ergeben sich bei günstigen Asset-Preisen Einstiegsmöglichkeiten mit Potential. So hat es immer funktioniert.

Depression

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland gleicht einer Depression, es kann nicht mehr schöngeredet werden. Die Energiepreise explodieren, die Inflation wird über 10 % steigen, das Verbrauchervertrauen sinkt erheblich und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie sind noch nicht überwunden. Der Krieg in der Ukraine geht in eine neue, gefährliche Phase, die übergreifende Eskalationen in Europa wahrscheinlicher werden lassen.
Es gibt nur schlechte Nachrichten und das betrifft auch die Kapitalmärkte und es gibt kaum einen „Silberstreif“ am Horizont, der wahrnehmbar ist. Wir wissen mittlerweile, dass die wirtschaftliche Einschätzung von psychologischen Faktoren stark beeinflusst wird und dies verschärft die momentane reale Situation merklich.
Viele Kommentatoren und Moderatoren wissen sich nicht anders zu helfen, als die menschliche Neigung zum Verzicht zu heroisieren – wenn sie sich da nicht mal täuschen. Unser ökonomisches Modell ist in all seinen Facetten auf Wachstum ausgerichtet, dies ist keine Neuheit. Schrumpfende Ökonomien sind Neuland für uns und eine Herausforderung für die menschliche, marktwirtschaftliche Spezies.
Die Wirtschaftspolitik der Regierung eiert herum und stärkt damit noch die Verunsicherung. Wenn keiner weiß, wie es weitergeht, werden „Macher“ und „Erklärer“ populär. Dies kann sehr gefährlich sein, wie aktuell die Wahl in Italien gezeigt hat, die eine Postfaschistin an die Macht gebracht haben. Es entsteht der Eindruck, dass die demokratischen Institutionen nicht handlungsfähig scheinen.
In dieser Situation können keine Rezepte angewandt werden, die alles schnell wieder ins Lot bringen. Die hohe Staatsverschuldung und die Geldpolitik der letzten Dekaden beschränken die staatliche Handlungsfähigkeit. Ein wenig Ehrlichkeit der Politiker und der Medien wäre angezeigt, um die Menschen in einem möglichen Schrumpfungsprozess zu begleiten. Die Ausrichtung auf bessere, umweltbezogene Geschäftsmodelle mit nachhaltigen Energieversorgungen und smarten Technikkonzepten könnten ein solcher Weg sein, die momentane Hysterie in bessere Bahnen zu lenken. Hierbei helfen unsere Entwicklungen in KI und Blockchain, die das Arbeiten erleichtern und hochwertige technische Anwendungen ermöglichen. Diese Aussichten werden entschieden zu wenig kommuniziert und das ist ein Fehler.

Das Unaufhaltsame…

Die EZB hat gestern am 9. September 2022 die Zinsen um 75 Basispunkte erhöht und damit einen Pfad vertieft, der die Inflation in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellt. Für die südeuropäischen Länder wurden ja bereits zuvor besondere Hilfsmaßnahmen beschlossen.
Es ist leider nötig, diesen Weg zu gehen. Natürlich ist die Gemengelage mit einer möglichen Rezession, Krieg, Inflation sehr schwierig – aber die Notenbank tut das, was sie tun muss. Euro-Schwäche, problematische Lieferbeziehungen, die umfangreiche Energiekrise – vieles ruft nach einem neuen Fundament. Wenn Europa glaubt, es könne ungeschoren mit der ganzen Geldschwemme davonkommen, so werden die europäischen Politiker jetzt eines Besseren belehrt.
Die Fehler der Vergangenheit (vor allem in der Energiepolitik) holen Volkswirtschaften schonungslos ein und wirken sich jetzt auf die Kapitalmärkte massiv aus (inklusive Krypto-Märkte). In Zukunft wird wieder auf die stark verschuldeten Staaten im Euro-Raum geschaut und die Unternehmen mit sehr schlechter Bonität werden wohl vom Markt verschwinden.
Das Beunruhigende daran ist, dass vieles auf einmal kommt. Theoretisch bleibt in solchen Krisenphasen dann noch der fiskalische Staat, jedoch sind durch die hohen Verschuldungen die Spielräume sehr eng geworden. Alternative Finanzierungswelten (Krypto) tauchen leider mit den anderen Strömen teilweise ab, können aber dennoch hilfreich sein. Herdenverhalten und Verkaufspanik können befürchtet werden. Es werden sehr unruhige Zeiten.