Angesichts der Corona-Pandemie, der drohenden ökologischen Katastrophe und der drohenden Rezession sind viele Menschen nicht mehr bereit, das große Ganze zu würdigen. In Sibirien taut der Permafrost, es gibt mehr Waldbrände und leider auch Rodungen im Amazonas, es droht die größte Rezession der letzten Jahrzehnte, eine überbordende Staatsverschuldung etc. ….und es gibt….den Virus. Der erhält – was man durchaus verstehen kann – die meiste Aufmerksamkeit. Viele Mediennutzer werden gleichsam durch sich immer wiederholende, teilweise einfältige Analysen informiert, als wäre eine wahre Bestandsaufnahme den Menschen nicht zuzumuten.
Ein Virus ist über die Welt gekommen und hat die Weltwirtschaft lahmgelegt und rd. 1/3 der Weltbevölkerung in den Shutdown gebracht, das Klima wird sich erwärmen und zwar um mehr als 2 Grad (wenn man kein notorischer Optimist ist, muss man das annehmen) und die aktuelle Depression (aus irgendwelchen Gründen sprechen alle lieber von der harmlosen Rezession) wird durch eine Verschuldungsorgie bekämpft, die ihresgleichen sucht. Man möchte ja kein Spielverderber sein und als Keynesianer erst recht nicht. Es stehen also viele Zeichen auf Sturm und die ökonomische Analyse ist geprägt von Mainstreamökonomie, die schon lange ihr Pulver verschossen hat. Denn da sind ja auch noch die Herausforderungen der Internetökonmie, denn die technischen Entwicklungen gehen ja weiter (das exponentielle Wachstum hier hört nie auf!).
Ökonomen neigen zu verkürzten Modellsichten, die unter besonders einschränkenden Annahmen leiden. Diesen Annahmen – wie vollständige Informationen, rationale Akteure und reibungslos funktionierende Märkte – stehen diametral die erheblichen Verzerrungspotentiale der Marktteilnehmer gegenüber. Es muss grundlegend gezweifelt werden, ob die Märkte und die Politik die oben genannte Gemengelage einfach mit alten Rezepten in den Griff bekommen werden.
Die alternative Internetökonomie hat einen ordentlichen Schub bekommen, kann aber noch keinen Paradigmenwechsel ermöglichen. Interessant ist, dass vielen Beobachtern nun auffällt, dass die Menschen immer mehr Onlinegeschäfte machen, online kommunizieren und weniger verreisen – durch den Virus ist das alles nicht ausgelöst, sondern nur verstärkt worden. Logischerweise verschwinden ganze Branchen und Unternehmen. Dass die großen FAANG-Spieler (von Facebook über Amazon und Apple bis zu Netflix und Google) ihre Unternehmenswerte exorbitant steigern konnte (auch mit den entsprechenden Verteilungswirkungen) sollte nicht verwundern. Es wird zwangsläufig eine weitere Konzentration der Vermögen geben -wie hieß es 2000 so schön vorausschauend: „The winner takes it al“.
Verantwortliche Wirtschaftspolitk müsste heute klare Schnitte wagen: keine Kohlesubventionen mehr, konsequente Forschungsförderung, ein wirkliches Grundeinkommen und die Förderung aller dezentraler Wirtschafts- und Finanzierungsformen und natürlich – eine andere Verteilungspolitik. Eine disruptive Wirtschaftsentwicklung kann nicht mit alt hergebrachter Wirtschaftspolitik beantwortet werden.