Wir gehen in das neunte bzw. achte Jahr des reinen Crowdinvestings (bezogen auf die Gründungsdaten der ursprünglichen Marktführer Seedmatch und Companisto). Die Daten für das Crowdinvesting 2018 (siehe Crowdfunding-Marktdaten) zeigen eine Entwicklung, die für diese ursprünglichen Zielgruppen, nämlich Start-ups und kleine Unternehmen, keine wirkliche Erfolgsgeschichte zeigt. Von den rund 274 Mio. € Finanzierungsvolumen in 2018 (2017 waren es rund 200 Mio. €) gingen rd. 25 % an Unternehmen und über 71 % in Immobilienprojekte – wenn man das Crowdlending über Kapilendo und Funding Circle herausnimmt (Volumen 2018 231 Mio. €), sind es gar nur 11 % für Unternehmen und 84 % für Immobilien. Sicher, das Volumen ist insgesamt erfreulich gewachsen, aber die eigentliche Zielgruppe kommt zu kurz: Ohne Crowdlending wären nur 55 Unternehmensprojekte in 2018 von allen Plattformen finanziert worden, (es waren laut o.g. Marktdaten 2017 bereinigt 54 Unternehmensprojekte) – mit Crowdlending wären es immerhin 356 Projekte gewesen (davon 301 Lendingprojekte in 2018 – verglichen mit 424 in 2017!). Also haben wir beim Lending bezogen auf die Projektanzahl im Unternehmensbereich einen rückläufigen Trend und beim Equity haben wir Stillstand.
Was die Ausfallquote betrifft, so fehlen hier schlüssige Daten. Für Start-ups wurden im o.g. Bericht 2017 9 % Ausfallquote angegeben, in einer Studie des BMF wurden bereits 2016 rd. 14 % veranschlagt, insgesamt also weniger als bei den sonstigen Gründerausfällen.
Die Ursachen für diese mäßige Entwicklung sind bereits öfters genannt worden: eine restriktive Regulierung seit 2015 und die unterentwickelten Equity-Märkte in Deutschland haben ein Abheben dieser Finanzierungsform erschwert oder gar unmöglich gemacht. Die breite Masse der Anleger hat schon von Crowdfunding gehörte (laut Stat. Bundesamt über 67 % in 2018), findet Crowdinvesting aber zu riskant und wird von Medien und Politik auch noch in dieser Annahme bestärkt. Unter diesen Vorzeichen kann sich keine Finanzinnovation wirklich entwickeln. Vielleicht sind aber auch die ursprünglichen Annahmen der Crowdinvesting-Philosophie zu naiv gewesen und die Abwicklung der Projekte und der Marketingaufwand sind zu belastend für ein Gedeihen dieser Finanzierungsform. Es bleibt dann nur eine Weiterentwicklung dieser Innovation in Richtung Blockchain und der Alternativen über ICO’s oder sogenannter STO’s (Security Token Offerings).
Die Idee, jungen Start-ups und jungen Wachstumsunternehmen Kapital über die breite Masse (die Crowd) zugänglich zu machen, ist noch nicht vom Tisch, darf aber auch nicht weiter in ihrer Umsetzung verzögert werden: wer zukünftig Sparer und Kleinanleger an der Wertentwicklung von innovativen Unternehmen beteiligen möchte, der darf nicht den Zeitfaktor vergessen. Disruptive Entwicklungen warten nicht auf staatliche Regulierer, sondern sie müssen gestaltet und genutzt werden.