Auf der kürzlich besuchten Fintech-Konferenz in Berlin (FIBE) sind ein paar FinTechs aufgefallen, an dessen Beispielen sich vielleicht die Frage angehen lässt, wohin die Reise mit den vielen FinTechs in Deutschland und Europa geht.
Vielleicht vorab zur Klärung: „Fintech“ bezieht sich auf Technologien, die darauf abzielen, traditionelle Finanzdienstleistungen zu verbessern oder zu automatisieren. Fintech umfasst eine breite Palette von Produkten, Anwendungen, Prozessen und Geschäftsmodellen, die in der Finanzdienstleistungsbranche eingesetzt werden. Ich füge noch hinzu: sie haben das Potential disruptiv zu sein – die folgenden Beispiele sollen diesbezüglich auch darauf abgeklopft werden.
Einige europäische Fintech-Unternehmen wie Qonto, Teylor, Swan, Raisin und N26 haben m.E. ein gewisses Disuptionspotential, können aber auch als Katalysatoren für traditionelle Banken dienen. Diese FinTechs haben gezeigt, dass sie durch innovative Technologien und kundenorientierte Dienstleistungen Nutzer gewinnen können. Es stellt sich die grundlegende Frage, inwiefern sie in der Lage sind, diese Nutzerbasis nachhaltig zu binden und ihr Geschäftsmodell langfristig breiter aufzustellen.
Das französische Qonto, spezialisiert auf KMUs und Freelancer, bietet intuitive Online-Banking-Funktionen und automatisierte Buchhaltungstools an, die genau auf die Bedürfnisse dieser Nutzer abgestimmt sind. Diese Spezialisierung könnte eine dauerhafte Loyalität fördern, da sie Lösungen anbietet, die traditionelle Banken oft vernachlässigen: hilfreich im B2B-Segment und damit vielleicht auch einfacher als Geschäftsmodell zu etablieren.
Teylor (Schweiz) hat einen digitalen Kreditprozess entwickelt, der es kleinen Unternehmen ermöglicht, schneller und effizienter Kredite zu erhalten, indem der traditionell Papier lastige und langwierige Prozess digitalisiert wird. Swan -ebenfalls Frankreich – bietet Bankdienstleistungen als Service an, was es anderen Unternehmen ermöglicht, eigene Finanzprodukte anzubieten, ohne eine vollständige Banklizenz erwerben zu müssen. Diese Art von „Banking-as-a-Service“-Modell hat nicht nur die Barrieren für Markteintritte niedriger gemacht, sondern auch die Geschäftsflexibilität für viele Unternehmen erhöht. Beide Unternehmen haben das Potential, sich am Markt etablieren zu können. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass mittelständische Unternehmen in Deutschland ihre Ausrichtung auf die Hausbank nur dann wirklich überwinden werden, wenn sie Vertrauenskapital sehen und die Kommunikation entsprechend ausgestaltet ist. Daran hapert es noch beträchtlich.
Raisin und N26 – die in Deutschland durchaus schon ziemlich bekannt sind – wiederum haben ihre Modelle darauf ausgerichtet, Nutzer mit effizienten, grenzüberschreitenden Spar- und Anlagemöglichkeiten bzw. einem kundenfreundlichen Banking-Erlebnis zu überzeugen. Ihre Fähigkeit, sich schnell an Marktveränderungen anzupassen und eine klare, ansprechende Markenidentität zu schaffen, hat vielen Menschen einen neuen Zugang zu Finanzdienstleistungen eröffnet. Allerdings haben die Probleme bei N26 mit der Finanzaufsicht BaFin einen schweren Schatten auf das Vertrauenskapital geworfen. Und hier wären wir schon bei einem Punkt: um nachhaltig auch ältere Kunden zu gewinnen, müssen gerade diese Punkte in den Mittelpunkt rücken. Kunden, die ein Konto bei der Sparkasse haben, werden in ihrer Wechselbereitschaft davon sicherlich beeinträchtigt. Raisin dagegen zielt auf die homogene Zinsseite des Geschäftes ab und kann als schon etabliert betrachtet werden.
Trotz dieser Erfolge bleibt die Frage offen, ob FinTechs nur die Wegbereiter für die technisch langsameren traditionellen Banken sind. Durch die Einführung neuer Technologien und Geschäftsmodelle könnten FinTechs traditionelle Banken dazu anregen, ihre eigenen Angebote zu überdenken und zu modernisieren. In dieser Hinsicht könnten FinTechs als Promotoren agieren, die den notwendigen Anstoß für Innovationen liefern, während sie gleichzeitig versuchen, ihr eigenes Geschäftsmodell zu diversifizieren und eine nachhaltige Kundenbasis aufzubauen.
Nennenswert ist noch ein weiterer Ansatz: Nachhaltigkeit. Hier besetzen auch kleinere Techs wie Geldmarie aus Berlin ein wichtiges Feld, um bestimmte Kundengruppen für ein nachhaltiges Aktieninvestment zu gewinnen.
Das Fintech-Universum ist noch viel breiter aufgestellt als diese Ausschnitte hier zeigen. Insbesondere Krypto Unternehmen, die wie Cashlink u. a. die Vorteile der Blockchain für die Unternehmensfinanzierung etablieren wollen (Tokenisierung – das Gebiet wird auch hier weiter untersucht: blog.meisnerconsult.de) sind da zu nennen.
Entscheidend ist, wie durch innovative Ansätze nicht nur alternative Dienstleistungen geschaffen, sondern auch die Kundenerwartungen und das Verhalten verändert werden. Die disruptiven Modelle dieser Unternehmen führen zu einer erhöhten Anpassungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft traditioneller Banken, die nun gezwungen sind, ihre eigenen Angebote zu überdenken und zu modernisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.