Grundlegende Bewertungen in der Finanzwirtschaft – und damit auch in der gesamten Ökonomie – basieren auf dem Zeitwert des Geldes (finanzmathematisch ausgedrückt: auf der Barwertmethode). Dieser ist es, der den Vermögensgegenständen in einer Volkswirtschaft über den Zins den Wert gibt, der Preise und Ressourcenplanungen beeinflusst. Daher ist es sinnvoll, diese Zusammenhänge auch in Bezug auf die Klimakatastrophe und die damit verknüpften Probleme (Energieversorgung, Emissionen der Haushalte etc.) zu beziehen.
Die drohende Klimakatastrophe wird zu Verwerfungen auf den Vermögensmärkten führen. Das Thema hier „stranded assets“: „Stranded Assets“ sind Vermögenswerte, die an Wert verlieren oder unrentabel werden, oft aufgrund von Veränderungen in Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG), technologischen Entwicklungen oder regulatorischen Änderungen. Für den hier beschriebenen Fall bezieht sich der Begriff „stranded assets“ auf Vermögenswerte, die mit fossilen Brennstoffen in Verbindung stehen, da sie im Zuge des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft besonders anfällig für Wertverluste sind. Sie machen einen beträchtlichen Teil aller Vermögenswerte weltweit aus!
Politik besteht zumeist aus Planungen und Ankündigungen, die jedoch noch keine Taten sind. Wenn nun Menschen eine hohe Gegenwartspräferenz haben, und den Ankündigungen und sich daraus ergebenden Folgerungen nicht ganz vertrauen, so ist es durchaus rational, dass diese Menschen lieber kurzfristig handeln. Die hohe Zeitpräferenz der Menschen (von Keynes schön auf den Punkt gebracht: auf die lange Frist sind wir alle tot) hat uns in diese verheerende Lage der Klimakatastrophe gebracht, weil die wirtschaftlichen Aktionen auf den kurz- und mittelfristigen Gewinn ausgerichtet waren und damit nicht nachhaltig waren; es wächst die Erkenntnis, dass die Vorbereitungsmaßnahmen für die Abbremsung der Klimaerwärmung nicht „auf die lange Bank“ geschoben werden dürfen, obgleich das in einer kurzfristig ausgerichteten Ökonomie nicht so einfach ist. Im schlimmsten Fall (den wir teilweise beobachten können), dient der Begriff Nachhaltigkeit als Marketingunterstützung bei der Geldanlage und bei der Produktvermarktung.
Die Wiedergabe des Argumentes, es kann kein großer Verzicht von Haushalten und Unternehmen erwartet werden, das könnte eine Wirtschaftskrise mit sich bringen (u.a. Entwertung der „stranded assets“) und die Verteilungskrise verschärfen, ist die Antithese für die klimapolitisch notwendige Umkehrung der Zeitpräferenz. Wenn die Menschheit dieser großen Katastrophe entkommen will, muss die Zeitpräferenz kritisch analysiert werden und auf der anderen Seite müssen die nachhaltigen Auswirkungen in den Kalkulationen entsprechend gewürdigt werden. Nach dem berühmten Nobelpreisträger Shiller (aus dem Buch „Narrative Wirtschaft“) wäre dazu ein Narrativ notwendig: Abwendung der Klimakatastrophe nur, wenn die Menschen ihre Zeitpräferenz nachhaltiger ausrichten und in wirklich nachhaltige Projekte investieren. Damit sich ein solches Narrativ durchsetzt, muss es überzeugend vermittelt werden.
Es wird erstaunen, aber auch hier können wir einen Bogen zum Bitcoin schlagen, der vielen als nicht nachhaltig erscheint (hoher Energieverbrauch), aber einer hohen Zeitpräferenz ein Schnäppchen schlagen könnte – allerdings nur bezogen auf die Hodler (die langfristig Investierenden), die nicht auf kurzfristige Gewinne aus sind. Ein Bitcoin wird definitiv an Wert gewinnen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten und sollten sich Projektbetreiber und Investoren dazu durchringen, Umweltprojekte in Bitcoin statt im inflationären Fiatgeld zu planen, könnte das vielleicht hilfreich sein. Zu diesem Aspekt allerdings sollte eine Extraanalyse angefertigt werden.