Wenn Politik Vermögen vernichtet
Ein paar theoretische und fundamentale Betrachtungen in Zusammenhang mit der eruptiven Zollpolitik des aktuellen US-Präsidenten: die Finanzmärkte reagierten in den letzten Wochen auf Donald Trump wie ein hochsensibler Seismograf; jede seiner Bewegungen erzeugte messbare Ausschläge – und oft folgte dem Zittern ein Beben. Was auf den ersten Blick wie politisches Theater wirkt – eine Mischung aus Zöllen, Tweets und nationalistischem Pathos – hat einen tieferliegenden, ökonomisch und philosophisch fundamentalen Effekt: Unsicherheit zerstört die Zukunft. Wie eines der fundamentalen Gesetze der Finanzwirtschaft sich auf die wirtschaftlichen Grundgegebenheiten auswirkt, ist eines der spannendsten Untersuchungsgebiete der Ökonomie (fast so grundlegend wie die Bedeutung der Gravitation in der Physik).
Der Grundzusammenhang ist schnell skizziert: Steigende Risikoaufschläge in den Kalkulationszinsen senken den Barwert zukünftiger Zahlungen. Denn jeder Vermögenswert ist, nüchtern betrachtet, nichts weiter als die Summe der erwarteten Zahlungsüberschüsse aus diesem Vermögensgegenstand (bei Aktien sind dies die Dividenden, bei Anleihen die Nominalzinsen), diskontiert mit einem Vergleichszinssatz auf den heutigen Tag; dieser Zins fußt auf einem risikolosen Basiszinssatz (der Rendite von Staatsanleihen) und einem Risikoaufschlag.
Doch was, wenn die Regeln, nach denen diese Zukunft organisiert ist, willkürlich verändert werden? Wenn aus Berechenbarkeit Beliebigkeit wird? Dabei haben wir bis zu diesem Punkt die psychologischen Faktoren noch nicht berücksichtigt: das Verzerrungspotential bei Menschen und die Verlustaversion. Unsicherheiten können durch diese Effekte noch verstärkt werden.
Wenn die Zukunft ihre Verlässlichkeit einbüßt, verlieren Vermögensgegenstände Wert. Dann wird sichtbar, wie sehr Wirtschaft auf einem stillen, fast metaphysischen Fundament ruht: Vertrauen in Kontinuität. Vertrauen, dass die Welt morgen noch in ähnlichen Bahnen funktioniert wie heute. Dass ein Vertrag gilt. Dass ein Investitionsplan Bestand hat. Dass aus einem Saatkorn eine Feldfrucht wird, die geerntet werden kann.
Trumps erratische Wirtschaftspolitik durchbricht dieses Grundvertrauen. Wer heute Zölle von 55 Prozent erhebt und morgen wieder zurücknimmt, handelt nicht wirtschaftlich, sondern autoritär. Die Folge ist nicht nur Chaos an den Märkten, sondern eine tiefergehende Entwertung durch die Märkte. Denn Zukunft, das ist in der Ökonomie kein poetischer Begriff, sondern ein Kalkül. Und dieses Kalkül lebt von der Berechenbarkeit.
Wenn das Vertrauen verloren geht, steigen die Risikoaufschläge – und damit sinkt der Wert aller zukünftigen Zahlungsströme. Investoren fliehen, Unternehmen verschieben Projekte. Philosophisch ist es eine Krise der Zuversicht. Viele Menschen kennen diesen Zusammenhang implizit, weil auch sie persönlich ihre Zukunft planen und nicht alles dem Zufall überlassen wollen.
Insofern ist Trumps Wirtschaftspolitik mehr als ein politischer Stresstest: sie ist ein Anschlag auf das Prinzip Hoffnung, das in jeder unternehmerischen Entscheidung steckt. Denn wer investiert, glaubt an das Morgen. Wenn dieses Morgen jedoch beliebig wird, ist auch dieser Glaube entwertet.