Finanzen sind ein schwerfälliges und wenig unterhaltsames Thema.

Insbesondere in Deutschland spricht man ungerne über Geld. Ein fast ans hysterische grenzende Berichterstattung über Wirtschaftskrisen, Inflation und damit zusammenhängende Themen dreht sich naturgemäß ums Geld: der reichste Mann der Welt ist in allen Medien dauerhaft präsent (er hat mit Twitter sogar sein eigenes Medium jetzt), der Staatshaushalt ist wegen der vielen Krisen stark unter Druck, die Inflation beunruhigt die Menschen und es ist zu wenig Geld da für notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, es muss viel ausgegeben neuerdings für das Militär wegen der russischen Bedrohung und für die Maßnahmen gegen die Klimakatrastrophe u.v.m.
Die negativen Narrative der Krisen und des Geldes beziehen sich auch auf die Ungleichheit des Geldvermögens und des sonstigen Vermögens. Die Ambivalenz der Menschen erstreckt sich auf verschiedenste Verzerrungspotentiale und auf die Verlustaversion, die die Grundmodelle der Finanzmarkttheorie erschüttern. Man kann es so fokussieren: Menschen leiden unter Geld und nicht nur unter Geldmangel – es gibt ein sehr unnatürliches Verhältnis zum Geld. Die Finanztheorien um die Themen Effiziente Märkte, die Portfoliogestaltung, die Risikoabschätzung mit verschiedenen Modellen haben alle einen wahren, kalkulierbaren Kern und dennoch versagt die Abbildung des Menschen in ihnen; alles ist mehr Psychologie als Kalkulation.

In der Finanzmarkttheorie spielen die Modelle mit vollständiger Information und perfekten Märkten eine herausragende Rolle und wenn der Nobelpreisträger Richard Thaler ausführt, dass ein so hoher Anteil der Budgets der Finanzmittler am BIP der USA in Höhe von 9 % nicht wirklich mit der Markteffizienzhypothese von Fama und der Annahme rationaler Investoren übereinstimmen kann (siehe https://www.youtube.com/watch?v=A1M9VSgsSW4&t=21s), dann trifft dies den Kern des Problems.

In der Makroökonomie ist es schwer, die Vielfalt von Fiskalpolitik, Kreditschöpfungen der Notenbanken und der Banken und andere Geldquellen den Menschen nahe zu bringen und weil dem so ist, herrschen verschiedenste Narrative vor. Sparsamkeitsnarrative, Verteilungsnarrative, Ankerbildungen (die Menschen orientieren sich in der unüberschaubaren Welt an bestimmten Fixpunkten oder Experten) und die vermeintliche Repräsentativitätsheuristik (die Anleger gewichten Wahrscheinlichkeiten über zukünftige Ereignisse falsch und dies führt zu Verzerrungen) zeigen kaum rationale Menschen, die stark von Gefühlen und Vereinfachungsregeln geprägt in einer sehr komplexen Welt hindurch navigieren.
Der Autobauer Henry Ford hat einmal gesagt: „Wenn die Leute das gegenwärtige Bank- und Geldsystem verstünden, würde es vermutlich eine Revolution noch vor morgen früh geben.“ Das bringt es gut auf den Punkt. Viele Leute fragen z.B. danach, wie der neue britischen Premier Sunak als ehemaliger Investmentbanker so reich werden konnte (die anderen reichen Investmentbanker werden nicht so offen hinterfragt, weil sie nicht so bekannt sind). Investmentbanker verdienen ihr Geld damit, Unternehmen an die Börse zu bringen und Wertpapiere zu emittieren, Firmenfusionen zu steuern und sonstige umfangreich aufgelegte Finanztransaktionen zu begleiten.

Die herrschende Finanztheorie gibt einen guten mathematischen Rahmen für die Wirkungsweise von Finanzmärkten ab, aber sie trifft auf eine Realität, bei der ihre Ausstrahlung stark eingeschränkt ist. Investmentbanker verdienen deswegen so viel, weil sie in Netzwerken unterwegs sind, die ihnen entsprechende Aufträge ermöglichen und sie Datenbanken und Datenanalysten nutzen können, die eine qualitativ hochwertige Arbeit ermöglichen (natürlich sollen ihre notwendigen Skills und Fähigkeiten nicht unterschlagen werden).

Perspektivenwechsel: Wenn Netzwerke neu organisiert und gestaltet werden und die Finanzprozesse automatisiert werden, haben wir das System der Distributed Ledger – eine Blockchain-Anwendung. Es ist sehr einfach: Geld wird in Token ausgegeben und alle Dienstleistungen und reale Produktionsprozesse können in Token abgerechnet werden…keine Mittler mehr, nur noch Wertetransfer über Smart Contracts. Sog. “Dezentrale Organisationen (DAO’s) erlauben den Token-Inhabern, sich vollständig in das Projekt einzubringen.
Banken und andere Finanzdienstleister verdienen nicht mehr so viel an den Prozessen und Netzwerken, Banken würden nur noch eingeschränkt Geld und Kredit schöpfen und das Zentralbankgeld kann als Stablecoin auf einem Notenbankkonto gehalten werden. Es ist eine technische Welt, die in allen Regionen Einzug halten kann, insbesondere dort, wo es kaum Banken gibt und die Menschen kein Konto haben können.
Ein weiterer Aspekt, der für die Token Ökonomie spricht, ist der, dass viele Produkte bereits heute und in Zukunft noch mehr Software-, Netzwerk- und sonstige Informationsprodukte sind, die den Lernprozessen der künstlichen Intelligenz und den stark skalierbaren Datenwolken zugänglich sind. Sie sind Bestandteil der Internetökonomie. Informationsprodukte kosten viel in der Herstellung (mit sehr hohem Fixkostenanteil und sehr niedrigen Grenzkosten, die zuweilen auch O ausmachen). Die anderen Produkte können größtenteils über das Netz gehandelt werden. Das führt dazu, dass sich der Nexus des wirtschaftlichen Geschehens im Internet manifestiert – und damit in unmittelbarer Reichweite unsere Token-Ökonomie. Diese Entwicklung ist derart ausgeprägt, dass ein gesunder Boden für die Krypto-Anwendungen gegeben ist. Hinzu kommt das dezentrale, auf Maschineneinsatz basierende Web 3.0, das das Ende der Plattformökonomie einleitet (die ja bekanntlich das Herzstück von Web 2.0 ist).
Die Argumente gegen die Krypto-Ökonomie sind bekannt: das wäre ein Einfallstor für Kriminelle und Geldwäscher – zudem wäre es zu kompliziert. Dagegen steht die Forderung nach einer gut austarierten Regulierung, die die Technologie nicht so stark behindert. Diese Regulierung sollte nicht auf Staaten konzentriert sein und global kompatibel, weil Token überall gehandelt werden können. Gerade die jüngsten Turbulenzen um die Kryptobörse FTX zeigen, dass hier eine Menge Arbeit auf die Regulierer und die seriösen Kryptoapologeten wartet.