Jeder, der sich mit Finanzfragen beschäftigt – sei es, weil er Geld anlegen will oder etwas finanzieren will – wird mit dem herkömmlichen Gerüst der Finanzmarkttheorie konfrontiert. Diese Theorie war jahrzehntelang kaum umstritten, sie wurde von den Profis angewandt und wird auch heute noch angewandt. Die meisten Nutzer, die ihr Geld anlegen oder Projekte finanzieren wollen, schauen kaum auf die Hintergründe dieser Anwendungen.
Egal, ob die Menschen Investitionsvorhaben bewerten oder ihre Altersvorsorge planen, sie verlassen sich auf ihre Bank und auf die Finanzdienstleister; diese wiederum wenden das finanzökonomische Wissen an, dass sie auf Schulen und Hochschulen gelernt haben. Das gesamte rechentechnische Gerüst (von den Basics der Diskontierung bis hin zur Simulationsrechnung) wurde von Mathematikern und Ökonomen in Modellen entwickelt, die bestimmte Annahmen zu menschlichen Verhaltensweisen gemacht haben (die Hauptannahme ist, die Menschen sind rational und haben vollständige Informationen).
Kahnemann, Tversky und Thaler haben als Hauptprotagonisten der Behavioral Economics immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Annahmen in die Irre führen und falsche Vorhersagemodelle begünstigen. Lassen wir einmal den wissenschaftstheoretischen Überbau außen vor, so zeigen doch reale Experimente und auch empirische Datenauswertungen, dass die Menschen von Verzerrungen getragen werden und von Vereinfachungsregeln, die so gar nichts mit der schönen Welt der Finanzökonomie zu tun haben. In der Hauptthese dieser neuen Sicht formulieren die Psychologen und Ökonomen der Behavioral Finance die Prospekttheorie, die im Kern davon ausgeht, dass die Menschen im Verlustbereich risikofreudig sind (und Verluste hassen) und im Gewinnbereich risikoscheu sind. Diese Theorien orientieren sich folglich an menschlichem Verhalten und nicht an eleganten Vorhersagemodellen, denen es ja auch an Durchschlagskraft in der Wirklichkeit fehlt. Kahnemann und Tversky geht es folglich mehr um die Bedeutung von Veränderungen zu einem Referenzpunkt (einem Vermögenszustand) als um die Wertung absoluter Vermögensänderungen.
Um diese elementare Verschiebung richtig einschätzen zu können, sollte man dies auf das Verhalten der Menschen beziehen. 10 Euro sind keineswegs gleich 10 Euro, wie Thaler in seinem Werk von 2016 betont: so wurde in vielen Experimenten bestätigt, dass Menschen für einen Preisunterschied von 10 Euro einen bestimmten Weg in Kauf nehmen würden, wenn es sich um ein einfaches Radiogerät handelt, dies aber nicht tun, wenn sie einen teuren Fernseher kaufen wollen. Oder Menschen schichten permanent ihr Portfolio um, um vermeintliche Gewinne zu machen, um dann aber doch festzustellen, dass die vielen Transaktionskosten den wenigen Zugewinn vernichten oder sie sogar insgesamt ihr Portfolio beschädigen.
Wenn dem aber so ist, dann sind viele Elemente der Finanztheorie obsolet – sie werden aber weiterhin in vollem Umfange angewandt. Es geht dabei um viel Geld, das hin und herbewegt wird und zu massiven Fehlallokationen von Ressourcen führt. Thaler hat mit anderen Forschern herausgefunden, dass Menschen umso risikoscheuer werden, je öfter sie sich den Wert ihres Portfolios ansehen und dass die Aktienprämie so hoch ist, weil Anleger zu oft den Wert ihrer Portfolios überprüfen, mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben (positive natürlich für die Trading-Companies, die dieses Jahr erhebliche Gewinnzuwächse verzeichnen konnten).
Was nun? Natürlich können wir nicht auf die herkömmlichen Finanztheorien verzichten, weil sie gute Referenzmodelle abgeben, aber mit der Ergänzung der Behavioral Economics werden sie hinterfragbarer und helfen damit auch, realistischer zu werden. Das Beste an den Verhaltenstheorien ist aber, dass sie ganz praktische Hilfestellungen für Anleger und für Investoren geben. Wenn der Anleger weiß, dass Finanzunternehmen Marktungleichgewichte und Informationsasymmetrien für sich ausnutzen, so ist er gewappnet und handelt vielleicht wirklich rationaler. Wenn der Anleger von der Wirkweise „mentaler Konten“ Kenntnis hat, wird er vielleicht keine teuren Kredite aufnehmen, während Geld auf seinem Sparkonto versauert. Wenn Anleger um den „Besitztums Effekt“ oder den „Herdeneffekt“ wissen, dann können sie ihre Anlageentscheidungen in einem anderen Licht sehen.
In der Internetökonomie können sich die Aufklärungseffekte stärker zeigen, weil es viele gute Finanzportale gibt, die Anlegern und Investoren helfen (so wie diese Seite blog.meisnerconsult.de …………..)