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Auch ein Finanzmensch stellt sich häufiger die Frage, wie die Digitalisierung in anderen Branchen voranschreitet. Oft genannt wird dabei die öffentliche Verwaltung, bei denen doch ein großer Schatz in Form von Vereinfachungen für die Bürger und Kostensenkungspotentialen vermutet wird. Der Staat hat großen Einfluss auf die Wirtschaft und wenn der Staat seine Dienstleistungen kostengünstiger und vielleicht sogar effizienter erbringen kann, dann schont das die öffentlichen Budgets und er könnte umfassender in notwendige Infrastrukturmaßnahmen investieren. Natürlich ist das Ganze komplexer, aber der Mainstream in Sachen KI und Digitalisierung weist in diese Richtung. Es gibt viele Versuche, Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung umzusetzen, und eine Konferenz wie die Smart Country Convention kann einen Eindruck über diese Bemühungen verschaffen.
Die Smart Country Convention (SCCON), die dieses Jahr in Berlin stattfand, bot eine Bühne für digitale Innovationen im öffentlichen Sektor. Es war ein beeindruckendes Zusammentreffen von Technologieanbietern, politischen Entscheidungsträgern und internationalen Vertretern, die gemeinsam die Zukunft der digitalen Verwaltung gestalten wollen. Mit vielen Teilnehmenden und zahlreichen internationalen Gästen stellte das Event Best Practices und innovative Technologien vor, die schon heute die Effizienz und Bürgernähe der Verwaltung verbessern sollen.
In diesem Jahr stand die SCCON besonders im Zeichen der digitalen Transformation, mit einem Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz (KI), Smart Cities und Cybersicherheit. Besonders beeindruckend waren die Lösungen, die von internationalen Ausstellern und dem Partnerland Lettland vorgestellt wurden. Hier einige der herausragenden Beispiele :
1. Automatisierte Verwaltungsprozesse durch KI: KI wird zunehmend genutzt, um Verwaltungsprozesse zu automatisieren, wie etwa die Bearbeitung von Anträgen oder das Verarbeiten von Daten aus unterschiedlichen Quellen. Diese Automatisierungen sind nicht nur ein Mittel zur Effizienzsteigerung, sondern auch zur Kostensenkung für die öffentliche Verwaltung. Während einige Kommunen bereits Pilotprojekte in diesem Bereich durchführen, ist die breite Implementierung solcher Systeme noch selten, was auf rechtliche Unsicherheiten und die Komplexität der Anpassung bestehender Prozesse zurückzuführen ist.
2. Smart Cities und vernetzte Infrastrukturen: Die Nutzung vernetzter Infrastrukturen zur Überwachung und Optimierung der städtischen Ressourcen war ein zentrales Thema.
3. Cybersicherheit und digitale Souveränität: Angesichts der zunehmenden Digitalisierung und der damit verbundenen Datenrisiken wurde viel über Cybersicherheit diskutiert. Partnerländer wie Lettland präsentierten ihre erfolgreichen Strategien im Bereich eID und sichere digitale Identitäten, die nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch den Zugang zu digitalen Dienstleistungen vereinfachen. Diese Art von digitalen Identitäten könnte auch in Deutschland flächendeckend genutzt werden, um administrative Prozesse zu vereinfachen, doch fehlt es hier oft noch an der nötigen Infrastruktur und den entsprechenden Datenschutzgesetzen.
5. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit: Ein weiteres zentrales Thema der SCCON war die Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Digitale Lösungen zur Optimierung des Energieverbrauchs in städtischen Gebäuden oder zur Steuerung von Stromnetzen wurden mehrfach als Best Practices hervorgehoben.
Trotz der vielen positiven Beispiele stellt sich die Frage, warum die digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland oft schleppend vorangeht. Während es auf Veranstaltungen wie der SCCON viele innovative Ideen gibt, lassen sich diese in der Praxis nur langsam und zögerlich umsetzen. Mehrere Faktoren tragen zu diesem Phänomen bei:
1. Komplexität und Bürokratie: Einer der größten Hemmschuhe für die Digitalisierung der Verwaltung ist die schiere Komplexität der bestehenden Strukturen. Verwaltungssysteme sind oft über Jahrzehnte gewachsen und bestehen aus vielen ineinandergreifenden Prozessen, die nicht einfach von heute auf morgen digitalisiert werden können. Hinzu kommen die starke Regulierung und Bürokratie, die Änderungen erschwert. Genehmigungsverfahren für digitale Projekte dauern oftmals Jahre, was den technologischen Fortschritt erheblich behindert. Ein Beispiel aus der Praxis ist die Einführung von digitalen Baugenehmigungen, die in vielen Ländern bereits Standard sind, in Deutschland jedoch nur schleppend vorankommt. Die erforderlichen Genehmigungsprozesse und die strenge Regulierung verlangsamen die Umsetzung. Die Philosophie eines „Verwaltungsaktes“ ist nur schwer mit dem agilen Verständnis von digitalen Umbrüchen zu vereinbaren.
2. Mangelnde Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen: Die föderale Struktur Deutschlands führt dazu, dass viele Digitalisierungsvorhaben auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich umgesetzt werden. Es gibt keine einheitliche Strategie, und oft arbeiten Bund, Länder und Kommunen parallel an eigenen Lösungen, statt gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Dies führt zu ineffizienten Doppelstrukturen und Verzögerungen bei der Implementierung neuer Technologien. Ein besonders kritisches Beispiel ist die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die elektronische Patientenakte sollte bundesweit einheitlich eingeführt werden, doch die Umsetzung verzögert sich immer wieder aufgrund von Konflikten zwischen den föderalen Ebenen und uneinheitlichen Standards.
3. Fehlende digitale Kompetenzen: Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel im Bereich IT und Digitalisierung. Viele Verwaltungsmitarbeiter verfügen nicht über die notwendigen digitalen Kompetenzen, um neue Technologien effektiv einzusetzen. Schulungen und Weiterbildungen sind dringend notwendig, um den Anschluss nicht zu verlieren. Doch auch hier gibt es oft zu wenig Ressourcen und eine mangelhafte Planung. Es wird zwar viel über die Notwendigkeit der Weiterbildung gesprochen, aber in der Praxis hapert es oft an der Umsetzung, da Fortbildungsprogramme entweder fehlen oder nicht ausreichend genutzt werden.
4.Kulturelle Widerstände: Die Einführung neuer Technologien stößt nicht selten auf Widerstände innerhalb der Verwaltung. Mitarbeiter haben oft Bedenken, dass durch die Automatisierung ihre Arbeitsplätze gefährdet sein könnten, oder es herrscht schlicht eine Skepsis gegenüber Veränderungen. Diese kulturellen Hürden machen es schwer, innovative Konzepte flächendeckend einzuführen. In einer Verwaltung, die traditionell stark hierarchisch organisiert ist, führen Veränderungen oft zu Unsicherheit und Ablehnung. Damit digitale Projekte erfolgreich sind, muss daher auch die Kultur innerhalb der Verwaltung modernisiert werden. In Ländern wie Estland, die als Vorreiter der digitalen Verwaltung gelten, ist es gelungen, eine offene Innovationskultur zu schaffen, die Veränderungen willkommen heißt und aktiv fördert.
Ein interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang ist der internationale Austausch. Besonders Länder wie Estland, Finnland und Lettland wurden oft als Vorbilder genannt, wenn es um die Digitalisierung des öffentlichen Sektors geht. Estland hat es geschafft, nahezu alle öffentlichen Dienstleistungen digital verfügbar zu machen, und setzt konsequent auf die Nutzung von Blockchain-Technologie für die sichere Verwaltung von Daten. Finnland wiederum hat stark in die Weiterbildung seiner Verwaltungsmitarbeiter investiert und schafft es so, digitale Innovationen schneller zu adaptieren. Der Erfolg dieser Länder zeigt, dass es oft nicht nur auf die Technologien ankommt, sondern auch auf die Bereitschaft, organisatorische Strukturen und Prozesse radikal zu überdenken.
Der Punkt, der allerdings zentral ist, ist der: die vielen „Flickenteppiche“ der Versuchsprojekte und Veränderungsprojekte kosten dezentral viel Geld und führen doch häufig angesichts des fehlenden politischen Willens (geringe Konfliktbereitschaft, nur oberflächliches technisches Wissen) zu ungenügenden Ergebnissen. Der Wunsch, z.B. wirkliche Best Practices – Projekte, länderübergreifen und kommunal übergreifend in Deutschland zu realisieren, könnte eine wirkliche Verbesserung herbeiführen. Davon haben die meisten schon einmal gehört: Netzwerkeffekte und Skalierungen sind die Grundlagen der Digitalisierung und ohne die lässt sich diese nicht wirklich überzeugend realisieren. Je besser die Planung und je besser die Skalierung der einzelnen Maßnahmen, umso wirkungsvoller wird die Umsetzung bei der Digitalisierung (inklusive KI) sein.

Hier die Videopräsentation:


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